Entwicklungsmaßnahme

Plakat zur Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten 1994, Layout: dieseinen

Städtebauliches Gutachterverfahren

Unmittelbar nach der förmlichen Festsetzung des Gebietes lobte die s|es im Juni 1993 ein kooperatives, städtebauliches Gutachterverfahren aus. Zur Teilnahme wurden sechs Architektur- und Planungsbüros eingeladen. Das im Ergebnis dieses Verfahrens auszuwählende städtebauliche Konzept sollte dann den Rahmen für die fortzuschreibenden Bebauungspläne liefern.

Die Jury kürte im Dezember 1993 das Darmstädter Architekturbüro Trojan, Trojan & Neu gemeinsam mit dem Landschaftsplaner Michael Palm zum Sieger des Wettbewerbs. Diese wurden mit der weiteren Planung des 50 ha großen Geländes beauftragt. Seine Entscheidung begründete das Gremium u.a. so: „Die Arbeit überzeugt durch ihre klare und folgerichtige Disposition der Baumassen und Freiräume. Hierbei wird die alte Blockstruktur in einer interessanten Weise mit der linearen Hallenstruktur überlagert, so dass kleinteilige, differenzierte Baufelder entstehen“.

Personen v.l.n.r. : Klaus Trojan TTN, Manfred Nicolovius GF sIes, Verena Trojan TTN, Hans Stimmann StS Bau, Wolfgang Nagel SenBauWohn, Frank Bielka, StS Finanzen, AR Vorsitz sIes. Foto: © Hans-Joachim Wuthenow

Pressekonferenz zum Gutachterverfahren

Pressekonferenz anläßlich des kooperativen Gutachterverfahrens November 1993

Anfang 1994: Diskussion am Arbeitsmodell während der Überarbeitungsphase. Personen v.l.n.r.: Manfred Nicolovius GF sIes, Ulla Luther Leiterin Architekturwerkstatt, Günter Olbrisch Verkehrsplaner, Klaus Trojan TTN, Jan Stürmann PLK Foto © sIes

Diskussion am Arbeitsmodell

In Werkstattgesprächen wurde der Siegerentwurf von Trojan, Trojan & Neu im 1. Halbjahr 1994 in Werkstattgesprächen in Abstimmung mit den zuständigen Verwaltungen und Vertretern der Bezirke Prenzlauer Berg und Friedrichshain überarbeitet. Die Verwaltungen für Städtebau, Denkmalpflege, Grün- und Verkehrsplanung sowie für soziale Infrastruktur konnten Entwurfsalternativen anhand eines zerlegbaren Arbeitsmodells im Maßstab 1 : 1.000 anschaulich visualisieren und die jeweiligen Vor- und Nachteile ausführlich diskutieren. Dieses Verfahren sicherte die Akzeptanz der Überarbeitungsergebnisse bei allen Beteiligten.

Städtebaulicher Rahmenplan 1994 © Trojan,Trojan & Neu

Planung

Der von der Jury ausgewählte, städtebauliche Entwurf bildet die Basis für die Fortschreibung des B-Plan Entwurfes IV-2. Im Zuge der weiteren Verfahrensschritte erfolgte eine entsprechende Anpassung dieses Entwurfes sowie die zuvor benannte Teilung des B-Planes. Hervorzuheben ist dabei, dass die wesentlichen Elemente des Entwurfes vom Büro Trojan,Trojan & Neu sowie des Landschaftsplaners M. Palm auch inhaltlich in die einzelnen B-Pläne übernommen werden konnten.

Bebauungsplanübersicht mit den Einzelplänen 2007 © s|es

1997 entschloss sich die s|es den Entwicklungsbereich etappenweise zu entwickeln und hierfür auch entsprechend zeitlich gestaffelt das Baurecht zu erwirken. Aus dieser Vorgehensweise resultierte dann auch eine Aufteilung des B-Planes IV-2 in fünf einzelne B-Pläne (IV-2a bis IV-2e). Später wurde dann noch speziell für das Investitionsvorhaben eines Wohnbauträgers aus dem IV-2e heraus der vorhabenbezogene 3-9 VE abgeleitet, erarbeitet und dann festgesetzt.

Entwicklungsstand 2007, Visualisierung: © Jens Gehrcken
Blankensteinpark, Foto: © Kay Herschelmann

Ökologie

Ökologische Gesichtspunkte standen im Mittelpunkt für das neu zu planende Stadtquartier „Alter Schlachthof“. Ziel einer europaweiten Ausschreibung zur Versorgung des gesamten Gebietes war es, eine optimale, umweltfreundliche und wirtschaftliche Energieversorgung zu schaffen. Im Ergebnis dieses Prozesses erfolgte dann abschließend die Versorgung des Gebietes mit Fernwärme.

Ebenso wichtig war für die Planer eine großzügige Ausstattung des neuen Stadtquartiers mit Grünflächen. Mit mehr als 87.000 qm öffentlicher Grünflächen liegt das Gelände deutlich über dem gesetzlich vorgeschriebenen Grünflächenanteil. Der zentrale Blankensteinpark ist Bestandteil eines Grünzuges, der das gesamte Gebiet durchzieht. Der Hausburgpark sowie auch die  verbindenden Promenaden und die privaten Innenhöfe der Wohnbauten sind begrünt. Die Grünplanung verringerte die versiegelten Flächen von ehemals 91 Prozent auf lediglich etwas mehr als die Hälfte.

Eröffnung der Thaerstraßenbrücke 2003 mit Senatorin I. Junge-Reyer, Bürgermeister von Pankow B. Kleinert und Geschäftsführer der s|es M. Nicolovius, Foto: © s|es

Verkehr

Durch das vorgesehene Verkehrskonzept wurde eine zusätzliche Belastung der tradierten Wohngebiete vermieden. Die neukonzipierte Randstraße nimmt den Verkehr aus dem Gebiet auf und leitet diesen dann über die neu gebaute Thaerstraßenbrücke ins übergeordnete Verkehrssystem. Dank der hervorragenden Anbindung an den ÖPNV konnte der Individualverkehr deutlich reduziert werden.

Eröffnung "Erich-Nehlhans-Straße", Foto: © Kay Herschelmann

Straßennamen

Fast alle Straßen im Quartier sind komplett neu geplant und gebaut worden. Natürlich mussten für diese neuen Verkehrswege auch neue Namen gefunden werden. In einem Diskussionsprozess einigten sich die bezirklichen Gremien Prenzlauer Bergs auf die nachfolgenden Namen.

Agnes-Wabnitz-Straße
Die Straße ist nach der Frauenrechtlerin Agnes Wabnitz (1841– 1894) benannt.

Der Architekt und Baubeamte August Lindemann (1842-1921) unterstützte als Stadtbauinspektor die Planungen des „Central-Viehhofs“.

Die katholische Philosophin und Frauenrechtlerin jüdischer Herkunft Edith Stein (1892-1942) war eine Widerstandskämpferin gegen das 3. Reich. Sie starb im KZ Auschwitz.

Erich Nehlhans (1899-1950) war nach Ende des II.Weltkrieges Mitbegründer und kommissarischer Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Der Stadtbaurat und Architekt Hermann Blankenstein (1829-1910) war der maßgebliche Gestalter des „Central-Viehhofs“.

Der Stadtplaner James Hobrecht (1825-1902) war Verfasser des 1862 in Kraft getretenen Bebauungsplanes mit den Fluchtlinien und Ringstraßen für die Vororte Berlins. Der Plan war 50 Jahre wegweisend für die Entwicklung der Gesamtstadt.

Kurt Exner (1901-1996) war vor dem Krieg Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, ab 1949 Bezirksbürgermeister von Neukölln und später Senator für Arbeit und Soziales im Westteil der Stadt.

Zunächst war der Widerstandskämpfer Otto Ostrowski (1883-1963) Bürgermeister des Bezirks Prenzlauer Berg, danach von Wilmersdorf und schließlich Oberbürgermeister von Groß-Berlin
Der Architekt Richard Ermisch (1885-1960) baute auf dem Schlachthofgelände den Kohlebunker, das Kühl- und Gefrierhaus, die Fleischgroßmarkthallen II und III und das Rinderschlachthaus.

Albrecht Daniel Thaer (1752–1828) gilt als der Begründer der modernen Agrarwissenschaften. 

Die Straße erinnert an den angrenzenden Zentral-Vieh- und Schlachthof.

Foto: © Euroluftbild mit Visualisierung © Jens Gehrcken 2007

Auftrag erfüllt

Durch den Verkauf entstand ein neues, interessantes, innerstädtisches Stadtgebiet mit etwa 1.300 Wohneinheiten im Geschossbau, mit Lofts in sanierten, historischen Gebäuden sowie in Stadthäusern mit unterschiedlichen Typologien. Zugleich wurden ca. 150.000qm Gewerbefläche geschaffen.

Die ursprünglichen Planungsansätze mit ca. 2.200 Wohnungen konnten aufgrund sich verändernder immobilienwirtschaftlicher Rahmenbedingungen nicht in dem angedachten Umfang realisiert werden. Trotz des bestehenden Planrechts sah sich der im Auftrag Berlins handelnde, treuhänderische Entwicklungsträger veranlasst, insbesondere die Wohnungsbaugrundstücke für niedrigere Bebauungsdichten zu veräußern.